Selbstzufriedenes Basel

Selbstzufriedenes Basel

Die Region Basel ist nicht nur meisterlich im sich Aufreiben an Kantonsgrenzen. In regelmässigen Abständen beschwert sie sich, durchaus zurecht, auch weidlich darüber, in der Restschweiz zu wenig beachtet zu werden. Dass das Erstere mit ein Grund für das Zweite sein könnte, soll hier nicht vertieft werden. Vielmehr werden andere Ursachen für die Missachtung ergründet und Lösungen dargestellt, wie die Region Basel das Rennen um Aufmerksamkeit und Anerkennung gewinnen kann. So sie denn will.

Vornehme Distanz zur nationalen Politik

Basel war und ist erfolgreich. Vom Handel über die industrielle Entwicklung von der Färberei zur Chemie bis hin zu den heute dominierenden Life Sciences gab es immer etwas, das den Wohlstand garantierte. Die Restschweiz war hierfür sekundär. Der Beitritt von Basel zur Schweiz im Jahr 1501 war denn auch, wie Markus Somm in der Basler Zeitung vom 17. November 2018 schrieb, eher der Vernunft als der Liebe geschuldet. Man hatte einen militärischen Partner nötig, um die eigene Freiheit und Autonomie zu wahren. Die Region Basel legte seither, so Somm weiter, stets Wert «auf vornehme Distanz von den Komplikationen der nationalen Politik».

Ich erlebte diese Zurückhaltung selbst, als ich die Leitung eines grossen und traditionsreichen regionalen Wirtschaftsverbandes übernahm, der bis dahin die Dinge bevorzugt intern regelte. Da die Interessen der Mitglieder immer mehr ausserhalb zu vertreten waren, galt es, den Verband mit einer geeigneten Public Affairs Strategie kommunikativ zu öffnen. Der erste und wichtigste Schritt einer solchen Öffnung ist, seine Selbstzufriedenheit abzulegen. Und diesen Schritt hat die Region Basel noch vor sich.

Was führende Public Affairs Agenturen in der Schweiz anbelangt, so spielt die Musik bis dato in Zürich, Bern und am Genfersee. Die Frage, ob diese unternehmerische Zurückhaltung im fehlenden Verständnis der Region für die Notwendigkeit dieser Disziplin und der geschilderten «vornehmen Distanz zur nationalen Politik» begründet ist, bleibt vorderhand unbeantwortet. Die Koinzidenz von Selbstzufriedenheit, dem Jammern, nicht beachtet zu werden, und dem Manko an Public Affairs Agenturen und entsprechenden Aktivitäten in der Region ist auf jeden Fall augenscheinlich. Will man dieses Dreieck durchbrechen, braucht es eine Public Affairs Strategie für die Region Basel und Akteure, die diese entwerfen und umsetzen.

Eine Public Affairs Strategie für die Region Basel

Reputations-, Stakeholder- und Issues-Management sind Basisfunktionen einer guten, unternehmerischen Public Affairs Strategie. Will eine Region Aufmerksamkeit und Anerkennung gewinnen, muss sie dasselbe tun. Denn auch hier geht es um nichts anderes, als sich mit seinem Umfeld – in diesem Fall der Restschweiz – auseinanderzusetzen, diese zu beobachten und im eigenen Sinne zu beeinflussen. Die Region muss sich offen und selbstbewusst als wichtigen und verlässlichen Teil der Schweiz in den Köpfen der Entscheidungsträger verankern.

Was es dazu braucht, ist:

  • Erstens die Formulierung eines Zielbildes, wie man in der Restschweiz wahrgenommen werden müsste, damit (politische) Entscheide im Sinn der Region gefällt werden.

  • Zweitens bestimmt man die Stakeholder, die solche Entscheide fällen und entsprechend wichtig für den eigenen Erfolg sind.

  • Drittens wird untersucht, wie die Region von diesen Stakeholdern wahrgenommen wird.

  • Den Differenzen, Lücken und Widersprüchen, welche man zwischen Zielbild und Wahrnehmung aufdeckt, begegnet man viertens mit Kernbotschaften, die mit einer massgeschneiderten Strategie verbreitet werden.

Der Prozess dauert zwar etwas, ist aber geradlinig und nachhaltig. Das Wichtigste ist, langfristig und konsequent im Rennen um Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bleiben und die Veränderungen in der Reputation sowie bei den Stakeholdern und Issues der Region stets im Auge zu behalten.

Wer Public Affairs von Firmen, von Projekten im öffentlichen Interesse und von Regionen erfolgreich betreiben will, muss sich aktiv mit deren Umfeld auseinandersetzen. Selbstzufriedenheit verhindert erfolgreiche Public Affairs. Sie darf aber nicht nur dann kurzfristig abgelegt werden, wenn ein unmittelbares Bedürfnis ansteht. Erfolgreiche Public Affairs bedingen eine langfristige Planung und eine vorausschauende, konsequente und professionelle Umsetzung.

Die Region Basel muss am besten schon heute das Rennen um Aufmerksamkeit und Anerkennung aufnehmen. Denn nur so werden zukünftig Infrastrukturentscheide oder Wahlen in der Schweiz vermehrt im eigenen Sinne gefällt und damit der Region Basel die Bedeutung beigemessen, die sie verdient.

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